Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung2 min read
Reading Time: 2 minutesBAG, Urteil vom 23.01.2019, 7 AZR 733/16
Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa 1 ½ jähriger Dauer bestanden hat, dass eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte.
In der Zeit vom 19.03.2004 bis zum 30.09.2005 war der Kläger bereits als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig. Mit Wirkung zum 19.08.2013 wurde der Kläger erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28.02.2014 als Facharbeiter durch die Beklagte angestellt. Die Vertragslaufzeit wurde mehrfach verlängert; zuletzt bis zum 18.08.2015. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht geendet hat.
Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig, wenn mit dem selben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe. Der Begriff der Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2. Satz 2 TzBfG könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass vergangene Beschäftigungsverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Befristungsabrede länger als drei Jahre zurücklagen, kategorisch nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift regeln. Die Grenzen vertretbarer Gesetzesauslegung würden hierdurch, entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes, überschritten, da der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit nicht habe regeln wollen. Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung könne danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliege, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Vorliegend habe es sich um einen solchen Fall allerdings nicht gehandelt, insbesondere habe das vorangegangene Arbeitsverhältnis acht Jahre und damit nicht sehr lange zurückgelegen.
Praxishinweis:
Mit diesem Urteil erklärt das BAG nun ausdrücklich die aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (06.06.2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) angezeigte Kehrtwende von seiner bisherigen Rechtsprechung. Nach dem jetzigen Normverständnisses des BAG bedarf es keiner starren Karenzzeit. Vielmehr muss neben der zeitlichen Prüfung des einzelnen Arbeitsverhältnisses auch ein inhaltlicher Abgleich der vergangenen und aktuellen Beschäftigung des Arbeitnehmers vorgenommen werden. Das Urteil bringt insoweit Klarheit, dass der Vorbeschäftigungsbegriff nicht sämtliche Beschäftigungen der Vergangenheit mit einbezieht. Andererseits entsteht durch die nunmehr vorgesehene Einzelfallprüfung deutlich mehr Rechtsunsicherheit für den Arbeitgeber.